Dieser Beitrag beleuchtet den aktuellen Stand umweltfreundlicher Kältemittel in der Industrie, stellt zwei zukunftsweisende Beispiele vor und diskutiert die Herausforderungen, die bei ihrer Einführung zu bewältigen sind.
1. Hintergrund: Warum ein Umdenken nötig ist
Traditionelle Kältemittel, insbesondere F-Gase wie HFCs (Hydrofluorkohlenwasserstoffe) oder PFCs (Perfluorkohlenwasserstoffe), weisen hohe Treibhauspotenziale (Global Warming Potential, GWP) auf. Diese Stoffe können bis zu 10.000-mal stärker zur Erderwärmung beitragen als CO₂. Trotz ihrer hohen Energieeffizienz und Stabilität haben internationale Abkommen wie das Kigali-Abkommen (2016) die Reduzierung von F-Gasen auf die Agenda gesetzt.
Der EU-Green-Deal und die F-Gas-Verordnung (EU 517/2014) zwingen Unternehmen, auf Kältemittel mit niedrigem GWP umzusteigen. Bis 2030 soll der Verbrauch von F-Gasen im Vergleich zu 2015 um 79 % reduziert werden. Unternehmen stehen daher vor der Herausforderung, nicht nur gesetzliche Vorgaben einzuhalten, sondern auch gleichzeitig die Energieeffizienz und Betriebssicherheit ihrer Kälteanlagen zu gewährleisten.
2. Anforderungen an Kältemittel der Zukunft
Um als zukunftsfähig zu gelten, müssen Kältemittel eine Reihe von Kriterien erfüllen:
- Niedriges Treibhauspotenzial (GWP): Umweltfreundliche Kältemittel sollten ein GWP von unter 150 aufweisen, wie von der EU vorgeschrieben.
- Energieeffizienz: Ein gutes Verhältnis zwischen Kälteleistung und Energieverbrauch ist entscheidend.
- Sicherheit: Eigenschaften wie Brennbarkeit und Toxizität müssen im industriellen Betrieb beherrschbar sein.
- Verfügbarkeit und Kosten: Die Produktion und Handhabung neuer Kältemittel sollten wirtschaftlich sein und eine breite Verfügbarkeit sicherstellen.
3. Umweltfreundliche Alternativen: Überblick
Zu den aktuellen Alternativen gehören unter anderem:
Natürliche Kältemittel:
Ammoniak (NH₃): Bereits seit Jahrzehnten in der Industrie etabliert. Es weist ein GWP von nahezu null auf, hat jedoch toxische Eigenschaften.
Kohlendioxid (CO₂): Auch als R744 bekannt, hat es ein GWP von 1 und ist besonders für Anwendungen im Tiefkühlbereich geeignet.
Kohlenwasserstoffe: Propan (R290) und Isobutan (R600a) sind effizient und umweltfreundlich, allerdings hoch entzündlich.
Synthetische Kältemittel mit niedrigem GWP:
Hydrofluoreolefine (HFOs): Moderne synthetische Stoffe wie R1234yf oder R1234ze bieten ein extrem niedriges GWP (unter 10), haben jedoch hohe Produktionskosten.
4. Zwei wegweisende Beispiele aus der Praxis
a) Einsatz von Kohlendioxid (CO₂) in der Lebensmittelindustrie
Die dänische Supermarktkette Dansk Supermarked Group hat in ihren Filialen konsequent auf CO₂-basierte Kälteanlagen umgestellt. Diese nutzen das natürliche Kältemittel R744, das nicht nur umweltfreundlich, sondern auch hoch effizient ist. CO₂-Anlagen sind insbesondere für große Supermärkte geeignet, da sie sich für Tiefkühl- und Normalkühlbereiche gleichermaßen einsetzen lassen.
Vorteile:
- Nahezu unbegrenzte Verfügbarkeit von CO₂.
- Geringe Kosten für das Kältemittel selbst.
- Verbesserte Energieeffizienz bei kalten Umgebungstemperaturen
Herausforderungen:
- Der hohe Betriebsdruck von bis zu 120 bar erfordert spezialisierte Anlagenkomponenten und sorgfältige Wartung.
- Die Initialkosten für CO₂-Anlagen sind oft höher als bei traditionellen Systemen.
b) Ammoniak-Wärmepumpen für industrielle Prozesse
Das deutsche Unternehmen ENGIE Refrigeration hat eine Ammoniak-basierte Wärmepumpe entwickelt, die in der Prozesskühlung von Chemie- und Pharmaunternehmen eingesetzt wird. Diese Wärmepumpe kombiniert Kühlen und Heizen, wodurch Energieverluste minimiert werden.
Vorteile:
- Null GWP und hohe Energieeffizienz.
- Ammoniak ist ein etabliertes Kältemittel mit ausgezeichneten thermodynamischen Eigenschaften.
- Wirtschaftlicher Betrieb durch gleichzeitige Nutzung der Abwärme.
Herausforderungen:
- Strenge Sicherheitsauflagen aufgrund der Toxizität von Ammoniak.
- Aufwändige Schulung des Personals für den sicheren Umgang.
5. Die Rolle der Kältemaschinen bei der Umstellung auf nachhaltige Kältemittel
Die Wahl des richtigen Kältemittels geht Hand in Hand mit der Weiterentwicklung moderner Kältemaschinen. Diese Anlagen müssen so konzipiert sein, dass sie die spezifischen Eigenschaften umweltfreundlicher Kältemittel optimal nutzen können. Beispielsweise erfordert der Betrieb mit natürlichen Kältemitteln wie CO₂ oder Ammoniak oft eine Anpassung der Verdichter, Verdampfer und Kondensatoren, um die hohen Drücke oder die thermodynamischen Besonderheiten zu bewältigen.
Zudem spielt die Energieeffizienz der Kältemaschine eine zentrale Rolle: Moderne Systeme nutzen innovative Steuerungsmechanismen, wie variable Drehzahlen oder intelligente Sensortechnologie, um den Energieverbrauch zu minimieren. Der Übergang zu umweltfreundlichen Kältemitteln bietet somit eine Chance, die Effizienz von Kältemaschinen entscheidend zu verbessern und gleichzeitig die CO₂-Bilanz der gesamten Anlage zu optimieren.
6. Herausforderungen bei der Einführung umweltfreundlicher Kältemittel
a) Technologische Herausforderungen
Viele natürliche Kältemittel haben spezifische Eigenschaften, die die Entwicklung neuer Anlagen erforderlich machen. Beispielsweise erfordert CO₂ wegen seines hohen Betriebsdrucks spezielle Verdichter und Rohrleitungen. Brennbare Stoffe wie Propan oder Isobutan verlangen hingegen brandsichere Konstruktionen.
b) Wirtschaftliche Herausforderungen
Neue Technologien bringen oft höhere Initialkosten mit sich. Der Umstieg auf HFOs oder CO₂ erfordert in vielen Fällen umfassende Investitionen in neue Anlagen oder die Nachrüstung bestehender Systeme.
c) Schulung und Fachkräfte
Der Umgang mit alternativen Kältemitteln erfordert spezialisiertes Wissen. Unternehmen müssen in die Schulung von Fachkräften investieren, um Sicherheit und Effizienz zu gewährleisten.
d) Regulatorische Unsicherheiten
Die Gesetzgebung im Bereich Kältemittel entwickelt sich dynamisch. Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre Investitionen auch langfristig den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.
7. Fazit und Ausblick
Der Übergang zu umweltfreundlichen Kältemitteln ist unausweichlich, um den Anforderungen der Klimaschutzpolitik und der Gesellschaft gerecht zu werden. Natürliche Kältemittel wie CO₂ und Ammoniak sowie moderne synthetische Alternativen wie HFOs bieten vielversprechende Optionen. Allerdings gibt es keine universelle Lösung: Die Wahl des Kältemittels hängt von der jeweiligen Anwendung, den technischen Anforderungen und den gesetzlichen Vorgaben ab.
Zukunftsträchtige Ansätze wie die Kombination von Wärmepumpen und Kälteanlagen, die Nutzung von Abwärme sowie die Digitalisierung der Anlagensteuerung könnten die Branche zusätzlich revolutionieren. Der Weg zur nachhaltigen Kältetechnik ist zwar herausfordernd, bietet aber gleichzeitig erhebliche Potenziale für Innovation und Wachstum.
Mit Blick auf die kommenden Jahre wird deutlich: Unternehmen, die frühzeitig auf umweltfreundliche Alternativen umstellen, sichern sich nicht nur einen Wettbewerbsvorteil, sondern leisten auch einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz.
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