Unsichtbare Gefahr im Einsatz

Feuerwehrmann Dr. Jonas Schubert erzählt im Interview, warum er und seine Kameradinnen und Kameraden trotz Schutzkleidung nicht komplett vor krebserregenden Stoffen geschützt sind. Damit Einsatzkräfte gesundheitsschädliche Stoffe, wie Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), einfach und effizient von der Haut bekommen, hat er mit anderen Wissenschaftlern eine Paste entwickelt. Der Clou: Sie bindet die giftigen Moleküle und kann einfach mit Wasser abgespült werden, ohne die Hautbarriere anzugreifen.

Feuerwehrleute haben ein deutlich erhöhtes Risiko, an Krebs zu erkranken. Warum ist das so?

Feuerwehrleute sind in Brandeinsätzen, aber auch bereits in der Heißbrandausbildung oder in der Atemschutzgerätewerkstatt Gefahrstoffen ausgesetzt, vor denen sie sich schützen müssen. Schauen wir uns das häufigste Problem an: bei Bränden entstehen sogenannte PAK, das steht für Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe. Diese PAK sind – im Gegensatz zu Ruß – nicht sichtbar für das menschliche Auge. Aber eben diese Moleküle sind krebserregend.

Die Feuerwehrleute tragen doch Schutzkleidung und Atemschutz. Wo ist das Problem?

Das ist richtig und gut, nur eben kein vollständiger Schutz. Der Atemschutz sorgt dafür, dass wir die PAK nicht einatmen. Aber PAK nehmen wir Menschen über die Haut auf. Oder auch über Hand-Mund-Kontakt. Die Schutzkleidung ist nicht komplett dicht, also lagern sich bei Brandeinsätzen oder im Brandcontainer insbesondere an den Übergängen der Schutzkleidung PAK auf der Haut ab. Und nach dem Einsatz, bis hin in die Atemschutzgerätewerkstatt, ist der Umgang mit kontaminiertem Material entscheidend, denn so kommen PAK oft im Nachgang auf die Haut, oder werden auf der Wache verschleppt – dann werden Türklinken, Bereiche, in denen wir essen usw. kontaminiert.

Wie oft müssen krebserregende Stoffe über die Haut eindringen, bis sie wirklich gefährlich sind für den menschlichen Organismus?

Im Arbeitsschutz gibt es für die meisten gesundheitsschädlichen Stoffe einen Grenzwert – bis hin zu Staub, etwa auf der Baustelle. Solange also unser Körper nicht mehr als dieser Höchstmenge ausgesetzt wird, ist statistisch gesehen das Risiko von Folgeerkrankungen ausreichend gering, sodass wir im Arbeitsschutz dann mit den getroffenen Maßnahmen einverstanden sind und nicht noch mehr tun müssen. Doch für PAK gibt es keinen biologischen Grenzwert! Denn selbst kleinste Mengen können den Unterschied ausmachen. Man kann nicht statistisch sagen, dass eine gewisse Menge über 0 noch OK ist. Konsequent wäre also, jeglichen Hautkontakt mit PAK komplett auszuschließen. Aber das ist in der Praxis einfach nicht möglich. Also müssen wir uns fragen, was sich tun lässt, um die Aufnahme von PAK weitestgehend zu reduzieren.

Und wie lassen sich die PAK von der Haut waschen?

Eine spannende Frage, denn genau hier gibt es in den letzten Jahren neue Erkenntnisse: Jahrelang haben wir uns in der Feuerwehr auf Seife oder die sogenannten Dekontaminationstücher verlassen. Damit bekommt man vielleicht auch den Ruß weg, aber tatsächlich bleibt mehr als die Hälfte der PAK auf der Haut – bei Tüchern sogar mehr als drei Viertel. Und das sind Stoffe, die krebserregend sind und über die Haut aufgenommen werden. Es braucht also ein anderes Waschprinzip, um diese PAK-Moleküle von der Haut wegzubekommen. Wir haben dazu mit pak-ex eine Paste entwickelt, die überhaupt keine Reibekörper oder Seifen enthält, aber eine unglaublich gute Dekontaminationsleistung bringt: das erreichen wir mit Tonerden, sodass die PAK daran gebunden werden. Der zweite wichtige Effekt ist, dass unser Patent beim Waschen die Hautbarriere nicht beeinträchtigt – denn auch das ist ein Problem von Seifen, Tüchern oder Waschpaste: diese Mittel wirken negativ auf die Hautbarriere, sodass die Gefahrstoffe noch leichter und schneller in den Körper gelangen. Sie sind also aus zwei Gründen nicht geeignet nach dem Brandeinsatz, nach einer Übung im Brandcontainer, oder in der Atemschutzgerätewerkstatt.

Wie schnell soll die Haut nach einem Einsatz von Schadstoffen gereinigt werden?

Je schneller, desto besser, idealerweise noch an der Einsatzstelle. Wenn möglich, wäre also das Duschen an der Einsatzstelle, da wie angesprochen alle Übergänge der Schutzkleidung Einfallstore sind – also auch die Übergänge zwischen Stiefeln und Hose im Beinbereich, sowie im Hüftbereich zwischen Jacke und Hose. Wenn eine Dusche vor Ort nicht möglich ist, wie derzeit noch bei den meisten Feuerwehren, dann empfehlen wir zumindest eine Grobreinigung am Hygieneboard, also Hände, Gesicht, Hals und Nacken. Und dann zeitnah, auf der Wache, eine Dusche.

Einsatzkräfte finden im MEIKO Online-Magazin weitere Tipps zum Eigenschutz und dem Schutz von Kameradinnen und Kameraden vor Schadstoffen, zum Beispiel in den Beiträgen zu Einsatzhygiene. Im letzten erläutert Dr. Jonas Schubert auch, wann es sinnvoll ist, die Hände mit Seife zu waschen und wann mit seifenfreien Produkten. Welche persönliche Schutzausrüstung Atemschutzgerätewarte bei ihrer Arbeit im Schwarz- und im Weißbereich tragen sollten, veranschaulicht der Beitrag: Aufbereitung von Atemschutzausrüstung.

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